INSPEKTOR SVENSSON: WANNABE SVENSSON [Der neue Adventskalenderroman]

Die folgenden Ereignisse finden zwischen 6 und 7 Uhr am Vortag zum Heiligen Abend des Jahres 2009 nach Christi Geburt statt. Alles, was Sie lesen, ereignet sich in Koordinierter Weltzeit UTC.

23.12.2009 - 06:00 UHR

[Lukas begibt sich zu Bett, Wannabe legt sich lang]

Die Turmuhr der Kathedrale vermeldete den Anbruch der sechsten Stunde, als Wannabes Luxuswagen im anhaltenden leichten Nieselregen mit quietschenden Reifen direkt vor dem Haupteingang des imposanten Kirchenbaus zum Stehen kam. Schnellen Schrittes entsprang der Ex-Yardleiter seinem edlen fahrbaren Untersatz, schnappte sich vom Rücksitz noch rasch sein kleines, silbernes Schminkköfferchen und sprintete die Treppenstufen hinauf zum Portal, das sich auf sein heftiges Klopfen auch sogleich auftat. Pastor Shepherd führte den Zeigefinger zum Mund und flüsterte: "Auch wenn es Ihnen nicht allzuviel bedeuten mag, aber es ist noch sehr früh am Morgen, und Sie betreten jetzt ein Haus Gottes. Von daher besteht gleich in doppelter Hinsicht kein Anlaß, hier so einen Lärm zu machen. Ich habe Sie ja ohnehin schon erwartet, also folgen Sie mir bitte - und wenn es möglich ist ... leise!". Charles Wannabe zuckte mit den Schultern: "Na, wenn's denn sein muß, Euer Heiligkeit!". Damit tippelte er betont langsam und auf Zehenspitzen dem Geistlichen nach, der ihn zu einer leeren Säule neben dem Altar führte und mit einer leichten Spur von Traurigkeit und Ohnmacht verkündete: "Tja, da hat er immer gestanden und mir über die Schulter geschaut, wenn ich sonn- und feiertags meine Andachten hielt und am Ende jedes Gottesdienstes um den Segen bat. Und nun ist er fort". Wannabes Schultern zuckten erneut verständnislos und sichtlich gelangweilt: "Ja, ok, aber Sie haben ja immer noch den großen Kreuzanhänger da oben, oder?!". Damit deutete er auf das hölzerne Abbild des gekreuzigten Jesus über dem Altar. Pastor Shepherd verschloß seine Augen vor soviel offen zur Schau gestellter Gottlosigkeit und bekreuzigte sich auf der Stelle, wozu er - sein Antlitz dem Sohn Gottes zuwendend - leise bat: "Vater, vergib ihm, denn er weiß nicht, was er tut!". Dann zeichnete seine Rechte noch einmal das symbolische Kreuz vor der Brust, während sich die Augen des Pfarrers langsam wieder auftaten. Wannabe aber hauchte ihm hinter vorgehaltener Hand mitleidig zu: "Also, mal ehrlich, was ihr Schwarzröcke manchmal so von euch gebt, ist ja wohl echt der Hammer! Und was das Geflüster da eben mit Ihrem vermeintlichen Brotgeber angeht: Vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue!". Damit begab er sich zu der Säule, auf der noch bis vor wenigen Stunden die verschwundene Paulusstatue geruht hatte. Er stellte seinen Silberkoffer neben sich und öffnete behutsam dessen Verschlüsse. Der Pastor neben ihm schaute etwas verdutzt: "Entschuldigung, aber wollen sie sich jetzt erst den Lidstrich nachziehen, oder was haben Sie vor?!". Wannabe lächelte milde, dann zog er aus seinem Köfferchen ein Döschen mit einem schwarzen Pulver hervor und raunte: "Mitnichten, das einzige, was ich hier kosmetisch ein wenig aufwerten möchte, sind eventuell vorhandene Fingerabdrücke". Und damit blies er einen kräftigen Stoß des rußigen Pulvers gegen die Steinsäule. Er nahm einen Pinsel zur Hand und wedelte damit sorgfältig die ganze Säule ab. Schließlich ging er leicht in die Hocke, um sich das Resultat seiner kriminaltechnischen Bemühungen genauer zu betrachten, als er mit einem Male ganz aufgeregt flüsterte: "Mehr Licht!". Wie es aussah, hatte der geschulte Exkriminalist mit seinem Adlerauge im Halbdunkel des Kirchengewölbes tatsächlich bereits eine erste Spur entdeckt, allerdings - nach seiner Blickrichtung zu urteilen - nicht auf der Säule, sondern vielmehr unmittelbar davor. Wannabes Aufgeregtheit sprang für einen kurzen Moment auch auf den ihm örtlich sehr nahestehenden Geistlichen Marc Shepherd über, der rasch zwei seiner ebenfalls anwesenden deutschen Austauschmeßdiener zu sich heranwinkte und ihnen zurief: "Johann, Wolfgang! Meine Göte, mehr Licht!". Die beiden Ministranten ergriffen zwei der goldenen Leuchter rechts und links des Altars und brachten sie zu den beiden Männern. Im Lichtschein der Kerzen zeichnete sich deutlich die Spur eines Schuhabdrucks auf dem roten Teppich vor der Säule ab.

Wannabe erhob sich und zog sein Smartphone aus der Hosentasche. Er hielt das edle Hightechgerät in Richtung des entdeckten Abdrucks und drückte dann solange auf den Touchscreen, bis letztlich ein kurzes Aufblitzen davon zeugte, daß die eingebaute Kamera einen Schnappschuß der Spur geschossen hatte. Dann huschten seine Finger erneut über den Schirm und wählten schließlich ein paar Zifferntasten an. Charles Wannabe führte das Telefon an sein Ohr und wartete ein paar Sekunden, bis am andern Ende abgenommen wurde. Dann aber sprach er: "Hi, Claudia! Charles hier! Schön, Deine Stimme zu hören! Ich bin jetzt im Pfaffenhaus vor Ort und hab eine erste heiße Spur. Ein Foto davon geht Dir in diesem Moment von meinem Telefon als Emailanhang zu. Sieht aus wie ein Schuh, aber mit recht abgewetzter Sohle. Leg es im Computer erstmal zu den Akten! Gibts sonst was Neues, was Deine Recherchen im Netz angeht ... Nichts?! Kein Hinweis! Ok, ich meld mich wieder! Ciao Claudia, cara mia!". Damit beendete er das Gespräch und wandte sich nunmehr dem Pastor an seiner Seite zu: "Und Eure Monstranz, irgendeine Ahnung, woher dieser Abdruck stammen könnte - der sich übrigens von hieraus in abgeschwächter Form in Richtung Seitenausgang fortsetzt, wenn ich das richtig sehe?". Shepherd folgte den - sich zum Ausgang hin langsam verlierenden - Spuren mit den Augen und erwiderte dabei: "Eigentlich nicht! Es waren zwar gestern abend vor dem Verschwinden der Figur wie immer eine größere Anzahl vereinzelter Gläubiger da, aber die kamen und gingen jeweils durch den Haupteingang. Der Seiteneingang ist - außer bei größeren Feiern und Trauungen - ja immer verschlossen. Und daß ich den Schlüssel unmittelbar neben dem Eingang unter dem dortigen Fußabtreter aufbewahre, wissen außer mir nur noch meine beiden Messdiener". Argwöhnisch sah Wannabe Johann und Wolfgang an, die aber schüttelten nur wild ihre Köpfe hin und her und beteuerten einmütig: "Wir sind völlig unschuldig". Charles Wannabe aber zwinkerte den beiden Jünglingen in ihren blütenweißen Gewändern zu: "Ja, klar, wer's glaubt, wird selig! Ich war schließlich auch mal jung. Hier so tun, als ob sie kein Taufwässerchen trüben könnten und später heimlich Wein saufen. Also raus mit der Sprache, wer von Euch Chorknaben hat jetzt den angestaubten Holzkasper für ein paar schöne unheilige Scheine verscherbelt?". Pastor Shepherd trat mit ausgebreitenen Armen zwischen seine Schützlinge und den angriffslustigen Exbeamten: "Ich muß doch wohl sehr bitten, für meine Jungs leg ich die Hände ins Feuer!". Charles aber raunte mitleidig: "Na, wenn Sie sich da mal nicht ganz höllisch die Fingerchen verbrennen! Aber bitteschön, wenn die Zwei es nicht waren, wer käme denn dann infrage?". Hinter dem Rücken des Pastors trat Meßdiener Johann hervor und stammelte: "Naja, ich ... ich hab da ... den .., also den Herrn Butler ... hab ich gesehen, der ... der damals ... den Paulus ... im königlichen Auftrag ... geschnitzt hatte". Im nächsten Moment trat auch der andere Jüngling hinter dem Pfarrer vor und verkündete: "Und dann waren doch da auch zur gleichen Zeit noch die Nikolauser, die sich hier ihre warme Erbsensuppe im Rahmen unserer vorweihnachtlichen Armenspeisungsaktion abholten. Einer von denen hat beim Löffeln der Suppe aus seinem Blechnapf ziemlich lange vor dem Paulus gestanden und ihn mit großen Augen angestarrt!".

Pastor Shepherd strich seinen beiden Ministranten sanft übers stopplige Kopfhaar und gab zu bedenken: "Aber Johann, Wolfgang, ihr wißt doch: Man sollte mit solchen Vorverurteilungen sehr, sehr vorsichtig sein. Man darf gerade den armen Leuten, die von St.Niklas kommen, nicht einfach alles in die Schuhe schieben. Wie spricht schließlich unser Herr: 'Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet!'". Wannabe aber winkte müde ab: "Danke Jungs! So ist's schon recht! Ohne sachdienliche Hinweise kommen meine Ermittlungen ja nicht voran. Ich kann schließlich nicht einfach die Hände falten und auf ein Wunder warten wie manch anderer hier im Raum! Und jetzt werde ich erstmal in alle beide Richtungen ermitteln. Wo finde ich also diese Nikolauser? Und gibt es zu diesem Herrn Butler eventuell auch eine Wohnanschrift?". Der Geistliche starrte den eifrigen Ermittler lange an: "Also gut, auch wenn ich nicht glaube, daß Sie da irgendwo fündig werden ... Die uns von der wohltätigen Organisation 'St.Niklas' geschickten Obdachlosen fristen allesamt ihr bedauernswertes Dasein unter der London Bridge, dort dürften sie wohl auch jetzt anzutreffen sein. Und was den Schöpfer der Paulusfigur angeht, das ist unser langjähriges Gemeindemitglied Hudson Butler, der seinen Wohnsitz in einem Haus am Eaton Place hat. Die Hausnummer hab ich nicht im Kopf, aber ich kann mal im Gemeindemitgliederverzeichnis in meinem Schreibtisch nachschauen". Der Geistliche machte dabei Anstalten, sich in sein Arbeitszimmer in einem der etwas abgelegenen Nebenräume der Kathedrale zu begeben, aber Charles Wannabe hielt ihn zurück: "Nur keine unnützen Umstände, nicht daß ich am Ende dafür noch in ihr Klingelbeutelchen einzahlen muß. Die Nummer beschaff ich mir schneller auf anderem Wege". Schon hatte er das wiederverschlossne Silberköfferchen ergriffen und war auf dem Sprung, wobei er noch rief: "Den noblen Herrn Butler nehm ich mir gleich zuerst vor, und dann die Pennbrüder. Danke erstmal, daß Sie einem Ungläubigen soviel Ihrer kostbaren Zeit geliehen haben, Euer Seligkeit!". Der Pastor aber rief dem - im Schummerlicht über den roten Teppich in Richtung Hauptausgang - Entschwindenden noch nach: "Passen Sie bitte gut auf sich auf, Mister Wannabe! Sie müssen immer schön auf dem Teppich bleiben, sonst kommen Sie allzu leicht vom rechten Weg ab!". Wannabe aber warf den Kopf noch einmal zurück und grinste breit: "Mein Bester, bei mir zählen Ihre himmlischen Ratschläge nicht. Am Ende kommen Sie mir noch mit so Bibelverschen wie Hochmut kommt vor dem ...". Weiter kam er nicht, war er doch ein wenig zu weit nach rechts geraten und dabei gegen eine der Holzbänke geprallt. Er verlor das Gleichgewicht und schlug rücklings lang hin, wobei sein Hinterkopf krachend auf dem mitgeführten Schminkkoffer landete. Für einen Augenblick war er bewußtlos, und Pastor Shepherd und seine beiden Meßdiener wollten ihm schon zu Hilfe eilen. Dann aber verdrehte er kurz die Augen und rappelte sich flugs wieder hoch, Er packte seinen Koffer und griff sich mit der freien Hand an den schmerzenden Dickschädel. Ein wenig entgeistert faselte er: "... kommt vor dem Fall ... Äh ja, recht so ... der Fall ... eigentlich ein Fall für Zwei ... für mich und Svensson ... aber jetzt doch eher ein Solo für Uncle ... Uncle Charly ... wo doch der Alte ... im Bett liegt ... Hau den Lukas, ich seh den Sternenhimmel ... Äh, bin ich denn schon draußen?!". Und während er sich wankenden Schrittes langsam aus der Kathedrale hinaus und zu seinem Wagen begab, konstatierte er: "Au man, wieder jede Menge Arbeit für mich! Hätt ich Lukas den Älteren nur nicht schlafen geschickt, der hätte mir immerhin den nun drohenden sozialen Abstieg in die Pennerszene ersparen können. Aber was solls, ich lös den Fall auf jeden Fall". Damit stieg er in seinen Nobelschlitten und warf seinen Silberkoffer auf die Rückbank zurück. Er angelte aus seinem Handschuhfach ein Piccolofläschchen Champus und zwei einzeln verpackte Kopfschmerztabletten, wovon er eine in seiner Jackentasche verschwinden ließ. Die andere aber befreite er sofort aus ihrer Plastikumhüllung und schob sie sich umständlich in den Mund. Dann spülte er die bittere Pille mit einem ordentlichen Schluck des edlen Getränks herunter, startete den Motor seines rasanten Flitzers und entschwand dann in Richtung Eaton Place - neben dem nachlassenden Schmerz an der Stirn noch längere Zeit ein erlesenes Prickeln auf der Zunge verspürend.

Auch bei Lukas Svensson prickelte es, wenn auch nicht auf der Zunge, sondern eher etwas tiefer. Yelena und er hatten in der Küche inzwischen ihre ausgedehnte nächtliche Teatime beendet, bei der Frau Svensson von ihrem Mann ausgiebig über das überraschende Erscheinen der drei Pfarrer und deren Anliegen unterrichtet worden und dabei ganz nebenher auch immer wieder in den Genuß diverser leidenschaftlicher Liebkosungen sämtlicher Körperregionen gekommen war. Nun aber hatte sich Yelena ins Bad begeben, um ihrem durchgefrorenen Lukas vor dem gemeinsamen Zubettgehen noch rasch ein schönes heißes Schaumbad einlaufen zu lassen. Und Lukas war unterdessen im Schlafzimmer verschwunden, um sich seiner Kleidung zu entledigen. Ein wohlig-warmes Gefühl überkam ihn schließlich, da er sich jetzt - wenige Minuten später - langsam in die Wanne gleiten ließ, wobei das aufregede Prickeln der kleinen und großen Seifenbläschen seinen Körper beim Eintauchen von unten nach oben sanft umspielte. Lukas Svensson schloß die Augen und spürte schließlich, wie sich ein paar zarte Finger den Seifenblasen zugesellten und ausgiebig über seine stark behaarte Brust zu kraulen begannen. Das unheimlich schöne Fingerspitzengefühl wanderte langsam tiefer und tauchte schließlich im Wasser ab, um sich auch der tieferliegenden Körperstellen annehmen zu können. Gerade dort aber war es für Lukas an bestimmten Punkten ein recht erhebendes Gefühl, wie auch die Besitzerin des liebevollen Händchens rasch zu spüren bekam. Eine Weile lang ließ Lukas die sinnliche Stimulation von Yelena noch über sich ergehen, dann öffnete er vosichtig die glasig verklärten Augen und seufzte: "Oh Schatz, ich glaube, es ist jetzt höchste Zeit fürs Bettchen!". Yelena nickte eifrig und half ihrem Gatten beim Ausstieg aus der Wanne. Sie trocknete seinen nackten, schaumbedeckten Körper mit einem weichen Frotteehandtuch sorgsam ab, wobei sie sich erneut besonders der Brustbehaarung und dem Unterkörper widmete, die letzten auf Rücken und Po einsam zurückgebliebenen Wassertröpfchen zeigleich mit dem sanften Kuß ihrer Lippen trocknend. In inniger Umarmung begaben sich beide ins Schlafzimmer unter das warme Deckbett. Hier schlüpfte nun auch Yelena aus der letzten sie bedeckenden Hülle ihres Morgenmantels und kuschelte sich ganz eng an ihren Luki, dessen Mund jeden Quadratmillimeter ihres freigelegten Körpers sogleich mit einem wahren Feuerwerk leidenschaftlicher Küsse heimsuchte, während es draußen vor dem zugezogenen Schlafzimmerfenster bereits langsam ein wenig heller wurde ...

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